Unsere nächste Station ist Bergheim,
ein wunderschönes, mit vier Blumen ausgezeichnetes Winzerstädtchen.
Hier sollen die besten " Cru " im
Elsass gedeihen. Einen wirklich schön
angelegten Wohnmobilstellplatz mit
Strom, Duschen und Toiletten gibt es
bei Familie Haetty in der Rue des
Romains 4a obendrein und zu einer
Weinprobe lädt die Familie
herzlich ein, natürlich nur wenn
man will. Beim Bummel durch das
Städtchen fällt als erstes das
adrette Rathaus mit seiner
imposanten Sandsteinfassade und
dem barocken Giebel (um 1760) auf,
wo hoch droben die Justitia thront
und an die Zeit erinnert, als der
Stadtrat von Bergheim noch das
Recht der Gerichtsbarkeit hatte.
Überhaupt hat das Städtchen eine
recht bewegte Vergangenheit. Schon
zur Römerzeit muss es hier eine nicht unbedeutende Ansiedelung
gegeben haben, das belegt ein
Mosaikfund aus dem Jahre 1848,
der im Museum Unterlinden in
Colmar besichtigt werden kann.
Bergheim wechselte fortan
häufig seine Besitzer. 1311 erlangte
es unter der Herrschaft der
Rappoldsteins das Stadtrecht.
Nach einem Brand während der Erbfolgeauseinandersetzungen
wurde mit dem Bau der, heute
noch sehr gut erhaltenen,
Stadtmauer begonnen. Kurz
darauf wird die Stadt an die
Habsburger verkauft. Diese
übten allerdings nicht selbst
die Herrschaft aus, sondern
ließen Bergheim von
verschiedenen adlige Familien
regieren. Die Stadt erhielt viele
Privilegien unter anderen 1313
das Recht zur Münzprägung und
auch das Recht, einen Zoll zu
erheben, ebenso 1361 das
seltene Asylrecht.
Dieses besagte, dass die Stadt
jeder verfolgten Person, die eine
entschuldbare und ohne
Vorsatz ausgeführte Straftat
begangen hatte, Asyl gewähren
durfte. Aufzeichnungen belegen,
dass das auch sehr gerne
genutzt wurde. Alleine in den
Jahren von 1530 bis 1664 sollen
so 744 Flüchtige in Bergheim
Zuflucht gefunden haben, nur
8 Asylsuchende wurden
abgelehnt. Ein Bewohner Röderns,
der in Bergheim Asyl erhalten hatte,
brachte am Obertor eine Tafel an,
die einen Flüchtigen zeigt, der
seinen Verfolger spöttisch den
nackten Hintern entgegenstreckt -
" Lack'mi " . Mysteriöserweise
verschwand die Tafel 1852.
Geht man durch das Obertor,
kommt man zum Herrengarten.
Dort befindet sich ein lebendiger
Zeitzeuge, eine alte Linde - ihr
Stamm misst einen Durchmesser
von 1,80m. Um sie herum sollen
um 1300 die ersten Volksfeste
stattgefunden haben. Und
obwohl sie 1917 durch
Brandstiftung schwer beschädigt
wurde, blüht sie immer noch
jedes Jahr. Schlendert man
wieder zurück in das nette
Städtchen kommt man an dem
Drei -Sterne- SPA-Hotel,
"La Cour du Bailli" vorbei , das
von einer alt eingesessenen
Winzerfamilie geführt wird. Hier
kann man vortrefflich speisen
und im hauseigenen Winzerkeller
die Grand Crus und Aus- und
Spätlesen der besten Lagen
Bergheims genießen.
Die Dörfer und Städte an der
Elsässischen Weinstraße sind so
unglaublich schön, sie ziehen uns
regelrecht in ihren Bann. Und
obwohl Bergheim so klein ist,
reicht uns doch ein Tag
Aufenthalt zur Besichtigung
nicht aus. Immer wieder
entdecken wir irgendetwas
Neues und Interessantes, wie
am Haus Nummer 44 diese
wunderschöne astronomische
Sonnenuhr. Und weil heute gerade
Markttag ist, gibt es für uns auch
noch ein allerleckerstes
gegrilltes Hähnchen.
Wenn man durch die, teils
kopfsteingepflasterten Gässchen
schlendert, fühlt man sich nicht
selten ins Mittelalter versetzt, wobei
vielleicht ganz gut ist, dass wir
Bergheim erst jetzt in der Neuzeit
kennenlernen, denn im Mittelalter gab
es hier wohl einige Hexenprozesse.
Das Beinhaus (1550) ist heute eine
Erinnerungsstätte für die 40 Frauen,
die zwischen 1582 bis 1683 hier den
Verbrennungstod gestorben sind.
Neben dem Beinhaus befindet sich
ein angelegter Garten, in dem die
beliebtesten magischen und
schützenden Kräuter des Mittelalters
wachsen. Es gibt noch weitere
Themengärten in Bergheim, einen
Dillgarten, einen Garten des Geistes,
einen Garten der Kinder und einen
Musikgarten. Noch blüht nicht viel,
aber die Bienchen und die
Heinzelmännchen sind schon
fleißig am werkeln.
Bergheim liegt malerisch eingebettet in den Weinbergen. Hoch über dem Ort , auf dem Grasberg,
ist ein Deutscher Soldatenfriedhof. Hier liegen 5308 Soldaten, gefallen im 2. Weltkrieg, begraben.
Ihre sterblichen Überreste sind ab 1970 aus 225 elsässischen Gemeinden hierher nach Bergheim
überführt worden.
Beim Abendspaziergang lerne ich
in seinem Weinberg den charmanten
Winzer Eugene kennen. Er ist gerade
dabei, "pissenlit " ( Löwenzahn) fürs
Abendbrot zu stechen. In seinen
Weinbergen wird nicht jegliches
vermeintliche Unkraut mit der
Chemiekeule ausgerottet - im
Gegenteil- Eugene häufelt jede
zweite Furche entlang der Rebstöcke
an, damit darunter wunderbar
gelber Löwenzahn gedeihen kann.
Er lädt mich zum Ernten ein - welch
ein Genuss, - frisch gestochenen
Löwenzahnsalat mit Speck - auch
die Bewohner des Ortes dürfen, wenn
die Zeit da ist, zur Ernte kommen.
Eugene erzählt mir, wie er nach der
Ernte die Schollen mit seinem selbst
entwickelten Pflug umpflügt, so kann
er den Boden lockern und braucht kein
Unkraut zu jäten, sprich auch keine
Chemie zum Spritzen einzusetzen.
Wen wundert's, dass so behandelte Erde ganz einen
ganz besonderen Tropfen hervorbringt, wie den
" Gewürztraminer Altenberg " , einer der besten Weine,
den ich je getrunken habe. Weinkennern aus der
ganzen Welt sind die Cru von Bergheim längst ein Begriff .
Abends servierte "Le Patron" zum Apero einen
vorzüglichen Cremant und für Manfred einen ebenso
leckeren Pinot Noir. Wir verbringen einen schönen
Abend zusammen und lernen viel über Reben und
den chemielosen Weinanbau . Lieben Dank Eugene
und ganz herzliche Grüße auch an die liebe
Annette, es ist eine große Bereicherung für uns,
euch kennengelernt zu haben.